„Wir suchen dich!“ Warum dieser Satz niemanden mehr erreicht

Der Anfang vom Ende jeder Stellenanzeige

„Wir suchen dich!“ Dieser Satz steht am Anfang von tausenden Stellenanzeigen. Und ist damit genau das Problem. Denn was als freundlich gemeinte Einladung gedacht ist, klingt heute eher nach austauschbarem Standard. Langweilig. Und alles andere als auffällig.

In einem Markt, in dem nicht mehr die Unternehmen die Auswahl haben, sondern qualifizierte Fachkräfte, entscheidet Sprache. Nicht nur im Vorstellungsgespräch, sondern ganz am Anfang: im ersten Satz eurer Jobanzeige, auf eurer Karriereseite oder im Instagram-Post zur offenen Stelle.

Warum Sprache heute der unterschätzteste Hebel im Recruiting ist

Stellenanzeigen sind oft der erste echte Kontakt mit eurer Arbeitgebermarke. Trotzdem klingen viele Anzeigen immer noch wie von 2003:

  • „Spannende Aufgaben in einem dynamischen Umfeld“
  • „Sie sind motiviert und teamfähig?“
  • „Wir bieten Ihnen flache Hierarchien und flexible Arbeitszeiten“

Klingt vertraut? Kein Wunder, diese Formulierungen stammen aus einer Zeit, in der man sich vor Bewerbungen kaum retten konnte. Heute gilt: Wer will, dass sich Menschen bewerben, muss so schreiben, dass sie sich angesprochen fühlen.

Was eure Texte heute leisten müssen

Gute Stellenanzeigen oder Social-Media-Recruiting-Texte sind nicht nur korrekt. Sie sind ansprechend, klar, konkret. Sie sprechen Zielgruppen direkt an und lassen sie im besten Fall denken: „Das passt zu mir.“

Das bedeutet konkret:

  • Weg vom Passiv („es erwartet Sie“), hin zum Aktiv („du gestaltest“)
  • Weg von austauschbaren Formulierungen, hin zu greifbaren Aussagen
  • Weg vom Text von der Stange, hin zu zielgruppenspezifischer Sprache

Zielgruppen brauchen unterschiedliche Ansprache

Die 19-jährige Azubine will anders angesprochen werden als der 43-jährige Fachbauleiter oder die Office-Managerin mit 3 Kindern. Und ja, das darf man auch sprachlich zeigen.

ZielgruppeTonalitätBeispiel
AzubisLocker, direkt, nahbar„Keine Lust mehr auf Langeweile im Unterricht?“
FachkräfteWertschätzend, konkret, mit Nutzen„Bei uns zählt, was du kannst und nicht wie lange du es schon machst.“
FührungskräfteProfessionell, strategisch, auf Augenhöhe„Gestalte mit uns die nächsten Schritte mit echtem Entscheidungsspielraum.“

5 Aussagen, die du sofort aus euren Stellenanzeigen streichen solltest

  1. „Wir suchen dich!“ → Klingt wie alle. Besser: „Worauf du dich freuen kannst“ oder gleich mit einer starken Frage oder Aussage starten.
  2. „Spannende Aufgaben“ → Welche genau?
  3. „Teamorientiert, motiviert, flexibel“ → Das ist kein Profil, das ist ein Wunschzettel.
  4. „Abwechslungsreiche Tätigkeiten“ → Beschreibe lieber einen typischen Tag.
  5. „Wir bieten flache Hierarchien“ → Zeig es lieber anhand von Beispielen (z. B. „Du sitzt im Kick-off mit der Geschäftsführung“)

So geht’s besser. Beispiele aus der Praxis:

1. Bauunternehmen (Zielgruppe: Azubis)

„Du bist lieber auf der Baustelle als am Schreibtisch? Dann komm zu uns, wir zeigen dir, wie du Häuser baust, auf die du stolz sein kannst. Ohne langweilige Theorie. Dafür mit echten Aufgaben ab Tag 1.“

2. Steuerkanzlei (Zielgruppe: Berufserfahrene)

„Keine Lust mehr auf Überstunden, Chaos und veraltete Prozesse? Bei uns arbeitest du digital, strukturiert und mit einem Team, das zusammenhält. Und ja, pünktlicher Feierabend gehört dazu.“

3. Pflegedienst (Zielgruppe: Fachkräfte mit Herz)

„Du willst wieder Zeit für echte Pflege statt Dokumentationswahnsinn? Bei uns zählt Menschlichkeit, nicht nur auf dem Papier.“

Anhand der Karriereseite der nesseler Bau GmbH können wir sehen, dass auch die Kombination aus unterschiedlichen Karrierestufen möglich ist:

Tipps für bessere Stellenanzeigen, direkt umsetzbar

  1. Starte mit einer starken Aussage oder Frage
  2. Nutze du, wir, ich und nicht „der/die Bewerber:in sollte…“
  3. Beschreibe konkrete Aufgaben, nicht nur Schlagworte
  4. Zeig Alltagssituationen statt Idealbilder
  5. Beziehe echte Zitate oder Stimmen aus dem Team ein
  6. Teste verschiedene Varianten, A/B-Testing auch bei Jobs lohnt sich

Fazit: Wer echte Menschen will, muss auch echt schreiben

Recruiting-Texte sind heute kein Nebenprodukt mehr. Sie vermitteln den ersten Eindruck von eurem Unternehmen. Wer dabei mit leeren Aussagen arbeitet, verpasst die Chance, sich abzuheben.

Denn genau darum geht es heute: auffallen. Nahbar sein. Und nicht perfekt, sondern glaubwürdig.

Bonus: Mini-Checkliste für eure nächsten Texte

🔲 Zielgruppe klar definiert

🔲 Einstieg macht neugierig oder spricht ein Problem an

🔲 Sprache ist direkt und persönlich

🔲 Aufgaben sind konkret beschrieben

🔲 Kein Text von der Stange

🔲 Beitrag weckt Interesse und passt zum Unternehmen

🔲 Abschluss mit sinnvoller Handlungsaufforderung

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